Normalerweise werden nach einer Infektion oder Impfung IgG1 und IgG3-Antikörper gebildet, die den Erreger neutralisieren. Bereits nach der 2.Dosis eines mRNA-SARS-CoV2-Impfstoffes zeigte sich jedoch eine beginnende Umstellung auf IgG4 (und IgG2)-Antikörper (Antikörper-switch), die durch jede weitere Impfung oder Durchbruchsinfektion verstärkt wurde (Anstieg von 0,04% kurz nach der 2. Dosis auf über 19% 6 Monate nach der 3.Dosis. Bei einigen Probanden mit zusätzlichen Durchbruchsinfektionen nach der 3.Dosis, stieg der IgG4-Anteil sogar auf 40-80% aller Anti-S-Antikörper). Begleitend zum IgG4-Anstieg fand sich eine Expansion IgG4-exprimierender B-Gedächtniszellen, während IgG3-Gedächtniszellen kaum nachweisbar waren. (Anm: IgG4 (und IgG2)-Antikörper treten physiologischerweise nach wiederholter Exposition mit dem gleichen Antigen auf und erzeugen eine Immuntoleranz. Das wird therapeutisch beispielsweise bei der Hyposensibilisierung bei Allergien genutzt.).
Bei anderen Impfungen (auch Vektor-Impfstoffe gegen SARS-CoV2) trat dieser Antikörper-switch auch nach wiederholter Verabreichung nicht auf; auch nicht nach rezidivierenden oder chronischen Viruserkrankungen. Es scheint ein Klasseneffekt der mRNA-Impfungen zu sein (Anm: in dieser Studie wurde der Pfizer-Impfstoff untersucht). Ein vermuteter Mechanismus für dieses unübliche Phänomen ist eine langandauernde Konfrontation des Immunsystems mit hohen Dosen des Spike-Proteins, das nach den Impfungen über Monate im Körper nachgewiesen werden kann.
In Funktionsuntersuchungen zeigte sich nach mehrfachen Impfungen eine erhöhte Avidität (Anm: Stärke, mit der ein Antikörper an ein Antigen bindet) und gute Neutralisationskapazität bei in vitro-Tests mit einem Ersatzvirus, jedoch verminderte antikörperabhängige zelluläre Phagozytose (Anm: Antigenbeseitigung) und Komplementaktivierung (Anm: Aktivierung einer lokalen Entzündungsreaktion, die zur Abwehr von Infektionen beiträgt).
Die Autoren spekulieren über einen möglichen positiven Effekt durch eine Verringerung der Entzündungsreaktion und daraus resultierender Verminderung der Erkrankungsschwere infolge der IgG4-Hochregulierung. In zwei Studie aus 2020 korrelierte ein erhöhtes IgG4-Level bei SARS-CoV2-Infektionen jedoch mit einem schweren Verlauf. Der erhöhte IgG4-Spiegel könnte aber auch zu einer reduzierten Virusabwehr und verlängerten Viruspersistenz führen. Klinisch interessant war, dass bis zur 3.Impfung in der Untersuchungspopulation keine Covid-19-Infektionen aufgetreten waren (bestätigt durch negative N-Antikörper), während es nach der 3.Dosis bei 37% der Probanden zu einer Durchbruchsinfektion kam. Die hohe Anzahl an Omikron-Durchbruchsinfektionen in der Gesamtbevölkerung zeigt, dass diese Impfstoffe keine sterile Immunität vermitteln. (Anm: Eine reduzierte Virusclearance könnte daher zu einer massiven Virusverbreitung durch mehrfach geimpfte Personen führen, was vor allem im Gesundheitssystem eine Gefährdung vulnerabler Patienten durch geimpftes Personal darstellen könnte.)
Insgesamt sind die klinischen Auswirkungen des Impfstoff-induzierten Antikörper-Switch noch nicht bekannt, müssen aber laut Autoren sowohl im Hinblick auf weitere SARS-CoV2-Booster-Impfungen als auch auf künftige mRNA-Impfungen gegen andere Pathogene geklärt werden.
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.07.05.22277189v1.full