Antigen-Erbsünde (original antigenetic sin) erklärt das Versagen des Immunsystems bei Zweitkontakt mit eng verwandten Antigenen (z.B. Viren). Die pathophysiologischen Mechanismen umfassen das angeborene und das erworbene Immunsystem. Die Grundlage ist das Immungedächtnis. Nach Erstkontakt mit einem Antigen bildet unser Immunsystem Gedächtniszellen, die bei neuerlichem Kontakt mit diesem Antigen rasch reaktiviert werden können und so eine deutlich schnellere und effektivere, sekundäre Immunantwort ermöglichen. Kommt der Körper nun mit einem, dem ersten Antigen ähnlichen Antigen in Kontakt kann es vorkommen, dass es vom Immunsystem als bekannt eingestuft und eine sekundäre Immunantwort ausgelöst wird, die das veränderte Antigen jedoch nur schwächer oder gar nicht neutralisieren kann. Im schlechtesten Fall kann dadurch sogar ein ADE (Antikörper-abhängige Verstärkung einer Infektion) ausgelöst werden (bekanntes Beispiel: Dengue). Durch das Phänomen der Antigen-Erbsünde wird also eine effektive primäre Immunantwort auf ein Antigen verhindert. Dieses Phänomen wurde bereits bei mehreren Infektionskrankheiten bei Menschen und Tieren nachgewiesen.
Die Auswirkung auf Impfungen ist ebenfalls bereits lange bekannt.
(Anm: Bei den SARS-CoV2-Impfungen wurde genau dieses Phänomen nicht beachtet. Nach der – zu erwartenden – Mutation des Virus konnte man das Absinken der Impfstoff-Wirksamkeit sehr gut in der Praxis verfolgen. Auch die adaptierten Impfstoffe brachten nicht die erwünschte Wirksamkeit, da das Immunsystem auch die adaptierten Impf-Antigene teilweise noch als bekannt einstufte. Der größte Unsinn in diesem Zusammenhang war die Notwendigkeit, sich auch nach Vorhandensein von adaptierten Impfstoffen immer noch mit dem Impfstoff gegen die Ursprungsvariante „grundimmunisieren“ zu lassen, da man somit eine effektive Primärantwort gegen die aktuellen Varianten verhinderte).
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0896841117302226