Infektionen mit Atemwegsviren wie beispielsweise Coronaviren, RSV, Influenza- oder Parainfluenza-Viren erzeugen im Allgemeinen keine dauerhafte Immunität. Die Vermehrung dieser Viren erfolgt so rasch, dass sie sich bereits effektiv in den Schleimhäuten der Atemwege verbreiten und auch an andere Wirte weitergegeben werden können, bevor die adaptive Immunantwort voll anläuft. Auch haben diese Viren eine geringe systemische Verbreitung (außer bei schweren Verläufen) und replizieren vor allem in den lokalen Schleimhäuten. Aus diesem Grund war es bisher auch nicht möglich, Atemwegsviren mittels Impfungen wirksam zu kontrollieren. So war laut Autoren bis zum Auftauchen von SARS-CoV2 Influenza viele Jahrzehnte lang die tödlichste, durch Impfung vermeidbare virale Atemwegserkrankung (Anm: laut RKI-Protokollen ist Influenza tödlicher als SARS-CoV2 – auch weil es viel mehr junge Menschen betrifft und so zu mehr verlorenen Lebensjahren führt als SARS-CoV2, wo das mittlere Sterbealter über der allgemeinen Lebenserwartung liegt). Der Aussage „durch Impfung vermeidbar“ widersprechen die Autoren selbst bereits im nächsten Satz, da sie die Influenza-Impfstoffe als „weniger als suboptimal“ beschreiben mit einer saisonabhängigen Wirksamkeit von 14-60% und einer Wirkdauer von nur wenigen Monaten, selbst gegen nicht-driftende Stämme. Trotz über 60 Jahren Erfahrung und vieler Bemühungen konnten die Influenza-Impfstoffe bisher jedoch kaum verbessert werden und die Wirksamkeitsdaten wären für die meisten anderen Impfungen unzureichend. Gegen andere Atemwegsviren wie RSV, Parainfluenza oder endemische Coronaviren ist es trotz erheblicher Morbidität bis heute nicht gelungen, einen Impfstoff zur Zulassung zu bringen.
Die Schleimhäute im Respirations- und Magendarmtrakt werden laufend mit einer Vielzahl von Antigenen konfrontiert. Um eine Überlastung des Immunsystems oder überschießende Immunreaktionen zu verhindern, müssen manche Antigene auch toleriert werden („Nutzen-Risiko-Abwägung“). Dazu gibt es eine ganze Reihe hochkomplexer Erkennungs- und Abwehrmechanismen in den verschiedenen Kompartimenten der Schleimhäute, die sich von der systemischen Immunreaktion unterscheiden und noch nicht vollständig verstanden sind (Anm: intramuskulär verabreichte Impfungen aktivieren diese Mechanismen kaum). Diese evolutionäre Immuntoleranz gegen viele Atemwegsviren stellt eine zusätzliche Herausforderung für die Impfstoffentwicklung dar. Eine bereits versuchte Lösung ist die nasale Verabreichung von Impfstoffen gegen Atemwegsviren. Diese erreichen allerdings wieder das (halbautonom funktionierende) Immunsystem der Lungen nur schlecht (Anm: und intranasal oder inhalativ verabreichte Lipidnanopartikel können durch ihr stark entzündungsförderndes Potenzial Lungenprobleme verursachen. Darüber hinaus stellt die intranasale Verabreichung von Lipidnanopartikeln einen sehr effektiven Transportweg ins Gehirn dar, was bei Impfstoffen, die eine lokale Entzündungs- und Abwehrreaktion erzeugen sollen, zu gefährlichen Nebenwirkungen führen kann). Das hochkomplexe Zusammenspiel der Immunantworten der oberen- und unteren Atemwege, sowie des systemischen Immunsystems ist ebenfalls noch unvollständig verstanden.
Auch durch passive Immunisierung mittels parenteral verabreichter Antikörper (Anm: als Nachahmung des natürlichen „Nestschutzes“ – wie aktuell bei der Säuglings-RSV-Impfung versucht), kann kein optimaler Schleimhautschutz (Anm: und damit Infektionsschutz) erzielt werden, da die systemisch verabreichten Antikörper die Schleimhäute nur ungenügend erreichen. Auch hier ist der genaue Mechanismus noch nicht bekannt und es gibt noch viele offenen Fragen.
Viren wie Masern, Mumps, Röteln, Windpocken… unterscheiden sich von oben genannten Viren durch deutlich längere Replikations- und Inkubationszeiten, kaum Mutationen und einer systemischen Verbreitung, welche eine Abwehr durch das systemische Immunsystem ermöglicht.
Bei den SARS-CoV2-Impfstoffen gibt es ganz ähnliche Probleme. Auch sie bieten nur einen unvollständigen und kurzlebigen Schutz gegen dieses, sich rasch weiterentwickelnde, Virus. Versuche, stark konservierte Virusepitope als Impfstoff-Antigen zu verwenden und somit dem Wirkverlust bei Virusmutation vorzubeugen, waren bei Influenza-Impfstoffen zwar in der Theorie vielversprechend, konnten in der Praxis jedoch nicht überzeugen. Es ist noch nicht geklärt, welche Virusepitope und in welcher Form (in Kombination oder einzeln, lebend, inaktiviert…) sich am besten für Impfungen eignen (RSV wird etwa bei Kindern am effektivsten durch humorale Immunität abgewehrt; bei älteren Menschen durch zellvermittelte, während starke zellvermittelte Reaktionen bei Jungen ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko bergen). Schließlich spielen auch noch die Höhe der Dosis sowie die Impfintervalle eine bedeutende Rolle für die Immunantwort. Auch hier wurden die optimalen Vorgehensweisen noch nicht gefunden.
In der Conclusio schreiben die Autoren: „Frühere erfolglose Versuche, einen soliden Schutz gegen Atemwegsviren zu erzeugen und die tödlichen Ausbrüche und Pandemien, die sie verursachen, zu kontrollieren, waren ein wissenschaftliches Versagen, das dringend angegangen werden muss.“ Die Herausforderung für „Impfstoffe der nächsten Generation“ sind laut Autoren vielfältig und komplex (Anm: Trotz der vielen offenen Fragen zur Funktionsweise unseres Immunsystems wird mit den mRNA-Impfstoffen komplex in einzelne Regelmechanismen eingegriffen – wie z.B. Toll-like-Rezeptoren, Interferon-Signalweg, Basenaustausch… Wie bereits mehrere Studien zeigen, erzeugt man damit komplexe Veränderungen sowohl der angeborenen als auch der erworbenen Immunantwort mit den sehr realen Gefahren erhöhter Infektanfälligkeit, Erzeugung von Autoimmunerkrankungen, diffusen Entzündungsreaktionen im gesamten Körper und erhöhtem Krebsrisiko.
https://www.cell.com/cell-host-microbe/fulltext/S1931-3128(22)00572-8