In Italien wurden ab 20.Februar 2020 erste Infektionsgebiete im Norden des Landes abgeriegelt. Ab 11. März 2020 folgten schrittweise landesweite Lockdown-Maßnahmen. Schon sehr früh stellten viele Mitarbeiter des Gesundheitsystems einen deutlichen Rückgang der Krankenhaus-Einweisungen wegen Herzinfarkten fest, was bei Kardiologen im ganzen Land Besorgnis auslöste.
Multizentrische, landesweite Beobachtungsstudie: Die Autoren untersuchten von 12. bis 19. März 2020 die Daten zu Krankenhaus-Aufnahmen wegen akutem Herzinfarkt (MCI) während des 1. Corona-Lockdowns in Italien (Daten aus 54 Krankenhäusern, kurzer Untersuchungszeitraum laut Autoren zur Ressourcenschonung in der Anfangszeit der Pandemie). Verglichen mit demselben Zeitraum 2019 zeigte sich ein Rückgang von 48,4% (STEMI 26,5%, NSTEMI 65,1%). Der Rückgang war in Nord-, Mittel- und Süditalien ähnlich. Im selben Zeitraum zeigte sich jedoch ein deutlicher Anstieg der STEMI-Sterblichkeit (Anstieg von 4,1% 2019 auf 13,7% 2020; RR 3,1) sowie schwerer STEMI-Komplikationen (Anstieg von 10,4% auf 18,8%; RR 1,8). Bei NSTEMI stieg die Sterblichkeit von 1,7% auf 3,3% und die Zahl schwerer Komplikationen von 5,1% auf 10,7%. Zusätzlich zeigte sich eine deutliche Verlängerung der Zeit von Symptombeginn bis zum Herzkatheter.
Darüber hinaus fiel auch ein signifikanter Rückgang der Krankenhaus-Aufnahmen wegen Herzinsuffizienz (um 46,8%), Vorhof-Flimmern (um 53,4%), device-failure (29,4%) und Lungeninfarkten (63,2%) auf.
Als mögliche Ursachen nennen die Autoren Angst vor Ansteckung in Rettung bzw. Krankenhäusern nach dramatischen Medienberichten, Fokussierung der Gesundheitsressourcen auf Covid-19 (z.B. sinkende Angiografierate bei NSTEMI) und ev. geringere körperliche Belastung (dagegen spricht die erhöhte Sterblichkeits- und Komplikationsrate). Die Verfügbarkeit von Spitalsbetten war nicht das Problem.
Abschließend schreiben die Autoren: „Diese Daten zeichnen das erschreckende Bild, dass etwa die Hälfte der AMI-Patienten gar nicht erst das Krankenhaus aufsucht, was die Mortalität bei AMI vermutlich deutlich erhöht und bei vielen Patienten zu Herzinsuffizienz nach dem Myokardinfarkt führt. … Darüber hinaus müssen die höhere Letalität und die höheren Komplikationsraten während der in diesem Bericht beschriebenen Krankenhausaufenthalte bei medizinischem Fachpersonal und staatlichen Aufsichtsbehörden die Alarmglocken läuten lassen.“