Infektionen sind bekannt Auslöser für MS. Nach SARS-CoV2-Erkrankung wurden vor allem Exazerbationen einer bereits bekannten MS beschrieben (wobei auch anfänglich angewandte Medikamente wie Azithromycin oder Hydroxychloroquin bekanntermaßen eine MS verschlechtern können). Berichte zu neu aufgetretenen Fällen sind selten. Als Auslöser wird unter anderem molekulare mimikry (Anm: Ähnlichkeit) zwischen dem Virus (Anm: lt. neueren Studien hauptsächlich dem Spike-Protein) und menschlichen Proteinen (Anm: hier meist Acetylcholin-Rezeptoren an der neuromuskulären Verbindungsstelle) vermutet.
Die Autoren kontaktierten MS-Zentren in Großbritannien, um neu aufgetretene MS-Fälle innerhalb von 4 Wochen nach SARS-CoV2-Impfung zu erfassen. Die Meldungen waren freiwillig. Der Meldezeitraum war von Anfang März 2021 bis Ende Februar 2022. Es wurden 7 Patienten gemeldet (2x nach AZ, 5x nach Pfizer). Das mediane Alter betrug 63 Jahre, es gab jedoch auch einen pädiatrischen Fall, was selten ist. Die mediane Zeit zwischen Impfung und Symptombeginn lag bei 6 Tagen. 4 Patienten benötigten eine Magensonde, einer eine zusätzliche intensivmedizinische Betreuung. Als Vergleichsgruppe wurden MS-Fälle bis 4 Wochen nach Influenza-Impfung erfragt – hier wurden nur 3 Fälle, die allerdings den Influenza-Impfstoff in Kombination mit dem SARS-CoV2-Impfstoff erhalten hatten, gemeldet.
Eine zusätzliche Literaturrecherche ergab 7 weitere publizierte Fälle (mediane Zeit bis Symptombeginn 2 Tage; 2 Patienten benötigten Intensivtherapie).
Insgesamt hatten 6 der 14 Fälle (42%) mittelschwere bis schwere MS-Symptome.
Zur Erfassung der Häufigkeit von MS nach SARS-CoV2-Impfung sind größere epidemiologische Studien erforderlich.