Wirtschaft: Wohlstand ist gesundheitsfördernd, Abhängigkeit nicht.

Warum uns eine schlechte Wirtschaftslage krank machen kann und was Wohlstand und Selbstwirksamkeit mit Gesundheit zu tun haben.

„Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ ist nicht nur ein vielzitiertes Motto der Wirtschaftskammer: Der Zusammenhang zwischen der Gesundheit der Bevölkerung und der Wirtschaft des Landes gilt als bewiesen. Wer im Interesse der Gesundheit Lockdowns verhängt und viele Betriebsstätten schließt, muss also auch die wirtschaftlichen und damit die gesundheitlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen im Blick haben. Sowohl auf übergeordneter Ebene als auch bei einzelnen Personen entstanden durch die Maßnahmen nämlich nicht unbeträchtliche finanzielle Einbußen. So rechnet die Wirtschaftsuniversität Wien beispielsweise damit, dass die Corona-Maßnahmen inklusive Lockdowns, Kurzarbeit und der Auszahlung von Förderungen den Staat Österreich in den Jahren 2020 bis 2022 rund 70 Milliarden Euro kosten. Gleichzeitig sanken durch die Schließung der Betriebe die staatlichen Steuereinnahmen. Allein in Hinblick auf den Lockdown für Ungeimpfte vom 15. November 2021 bis 30. Jänner 2022 sprach der stationäre Non-Food-Handel von einem Umsatzverlust von 350 Mio. Euro wöchentlich.

Die Wirtschaft, das sind einzelne Menschen

Nicht nur die Staatskassa, auch die Menschen selbst, und da vor allem Unternehmer, litten und leiden immer noch unter den Maßnahmen. Zwar wurde der Umsatzverlust teilweise vom Staat ersetzt, trotzdem waren die Hilfen für manche Unternehmen nicht einmal genug, um ihre monatlichen Fixkosten zu decken. Arbeitnehmer wiederum mussten während der Kurzarbeit auf einen Teil ihres Einkommens verzichten, wenn sie nicht gar aufgrund der monatelangen Schließungen ihren Arbeitsplatz verloren. Während internationale Konzerne zum Teil sogar große Gewinne einfuhren, werden Klein- und Mittelunternehmen sowie Arbeitnehmer wirtschaftlich immer mehr ausgehungert. Wer somit wirklich von den Maßnahmen schwer getroffen wurde, ist der Mittelstand. Also genau jene, die das Rückgrat einer Gesellschaft bilden. Jene Menschen, die tatkräftig und weitgehend selbstbestimmt und unabhängig ihr Leben und damit auch die Gesellschaft gestalten, wurden durch die Maßnahmen in die Fremdbestimmung gedrängt. Und wir wissen, was geschieht, wenn das Rückgrat nicht mehr hält …

Gesundheit kann man nicht kaufen – wirklich nicht?

Wenn ein Mensch zumindest im relativen Wohlstand lebt, erhöht sich seine Lebensqualität und er kann sich gut um seine eigene Gesundheit kümmern. Dazu gehören nicht nur gesunde Lebensmittel und entspannender Urlaub, sondern auch ärztliche und therapeutische Behandlungen, die vielleicht nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Wenn aber das Geld knapp ist, wird automatisch auch bei der Gesundheit gespart. Dasselbe gilt für die Gesellschaft im Gesamten: Der Staat braucht eine florierende Volkswirtschaft mit vielen Steuerzahlern, um sich die Sozialleistungen für seine Bürger leisten zu können. Und auch die Krankenkassen brauchen die regelmäßigen Sozialversicherungsbeiträge der Bürger, um die öffentliche Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

Abhängigkeit macht unglücklich – und ungesund

Egal ob Arbeitnehmer oder Selbstständige: In den letzten zwei Jahren sind durch die Pandemiemaßnahmen unzählige Menschen in Österreich (und in anderen Ländern) in die Abhängigkeit vom Staat gerutscht. Während Arbeitslosengeld, Förderungen und Verlustersatz zwar eine willkommene Hilfe sind, um finanzielle Sorgen zu schmälern, bedeuten sie gleichzeitig den Verlust von Selbstwirksamkeit. Und die ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gesundheit eines Menschen. Wer aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt verdient und sich und seine Familie versorgt, erlebt sich als kompetent, ist generell motiviert und wird nachweislich eher gesundheitsförderliches Verhalten an den Tag legen: zum Beispiel Sport treiben und sich gesund ernähren. Fällt ein wesentlicher Faktor der Selbstwirksamkeit weg – und Erwerbsarbeit ist ein solcher wesentlicher Faktor –, leiden sowohl psychische als auch körperliche Gesundheit.

Wenn der geregelte Alltag verloren geht

Diese Tatsache kennt man auch im Zusammenhang mit länger dauernder Arbeitslosigkeit. Und für viele Menschen waren die Pandemiejahre mit Arbeitslosigkeit vergleichbar. Dabei geht zugleich mit der Selbstwirksamkeit auch der geregelte Alltag teilweise verloren. Dauert dieser Zustand länger an, ist er für Menschen im erwerbstätigen Alter mit psychischem Stress und einer oftmals ungesunderen Lebensweise verbunden. Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben stellt sich ein, verbunden mit einem verringerten Selbstwertgefühl und sogar Depressionen – allesamt bekannte mögliche Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhten Blutdruck, Zunahme des Körpergewichts sowie eine allgemeine Schwächung des Immunsystems. Studien legen die Vermutung nahe, dass sich der Alkoholkonsum durch Lockdowns und die dadurch fehlenden sozialen Kontakte merkbar erhöht hat. Und der durchgehende psychische Stress aufgrund der Lockdowns und der täglichen Schreckensmeldungen der Medien über die aktuelle Coronasituation wirkte sich zudem negativ auf das Immunsystem aus und förderte wiederum diverse Erkrankungen (siehe: Christian Schubert: „COVID-19 – eine biopsychosoziale Krankheit? Überlegungen aus der Psychoneuroimmunologie“ in: Hofbauer H, Kraft S (Hrsg.): „Herrschaft der Angst. Von der Bedrohung zum Ausnahmezustand“, Promedia Verlag: Wien 2021.).

War das wirklich notwendig?

Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Kollateralschäden der Lockdowns stehen längst außer Frage. Doch konnten dadurch zumindest einige Menschen vor dem Tod bewahrt werden? Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten, da sich ein Was-wäre-wenn-Szenario kaum evaluieren lässt. Eine Meta-Studie der drei Wissenschaftler Jonas Herby, Lars Jonung und Steve H. Hanke, die im Jänner 2022 von der Johns-Hopkins-Universität veröffentlicht wurde, ergab, dass Lockdowns das Risiko, an Covid-19 zu versterben, um lediglich 0,2 % gesenkt haben. – Eine umstrittene Studie. Dass die Wissenschaftler aber möglicherweise mit ihrer Analyse nicht völlig unrecht haben, zeigt ein Blick in andere Länder.

Zum Beispiel nach Schweden, das bei annähernd gleicher Einwohnerzahl wie Österreich niemals einen staatlich verordneten Lockdown ausrief. Während zu Beginn der Pandemie im März und April 2020 die Anzahl der Coronatoten in Schweden deutlich höher lag als jene in Österreich, schien das skandinavische Land die Lage relativ rasch in den Griff zu bekommen und vermeldete am Ende in Summe sogar weniger Coronatote als Österreich – ohne Zwangsmaßnahmen. Auch andere Länder mit weniger restriktiven Maßnahmen zeigten keine signifikant höhere Sterblichkeit in Bezug auf Corona, wie ein Check der Corona-Datenbank Our World in Data zeigt. Diese Länder können aufgrund ihrer liberaleren Haltung einen deutlich geringeren Wirtschaftseinbruch im Vergleich zu Ländern mit sehr strengen Maßnahmen verzeichnen. So stand Österreich im Jahr 2020 mit einem Wirtschaftseinbruch von 6,6 % an 21. Stelle von den in der Studie untersuchten 28 europäischen Staaten. Die Zahlen schlagen sich wohl auch auf das Gemüt der Österreicher nieder: Nicht nur im Berufsalltag ist die Stimmung der Beschäftigten am Boden, immer mehr Menschen sind auch mit der allgemeinen Lage und der Politik unzufrieden.

Was jetzt geschehen muss

Es ist dringend notwendig, dass alle an der heimischen Wirtschaft Beteiligten wieder frei und selbstbestimmt arbeiten können. Denn nur so können die Menschen wieder in ihre Selbstwirksamkeit kommen und ein gesundheitsförderliches Umfeld für sich und für unsere Gesellschaft insgesamt schaffen.